Mit gemischten Gefühlen sitze ich im Esszimmer von der
Familie von René, meinem neuen Zuhause seit Samstag. In den letzten Tagen hat sich viel
verändert. Wie damals, als ich von Costa
Rica nach Mexico geflogen bin, beginnt alles wieder bei Null. Gleichzeitig bin
ich traurig, habe viele Fragen, vermisse eine Person sehr fest und bin aber
trotzdem glücklich und freue mich auf die vorliegende Zukunft. Freude und Leid
liegen sehr nahe, dies musste ich in den letzten Tagen bemerken. Nun bin ich
dabei, den Entscheid von Bere und mir zu akzeptieren, denke an eine gute
gemeinsame Zeit nach und studiere, wo es mich nun hinschlägt und freue mich
wahnsinnig, neue Erlebnisse zu machen.
Bereits bei meiner Ankunft in Mexico nach vier Wochen
Aufenthalt in den vereinigten Staaten bemerkte ich, dass nicht mehr alles so
ist, wie vor meinem Abflug. Eine gewisse Ablehnung, Zurückhaltung aber dennoch
gleichzeitig Zuneigung kamen mir entgegen. Was geschah wohl in den letzten vier
Wochen? Hat sie eine neue Person kennengelernt? Habe ich etwas falsch gemacht?
Ist sie nicht zufrieden, weil ich stets noch keinen Job habe und das Leben
geniesse? Sie schrieb mir kaum noch, wenn sie nach Hause kam war ich lächeln
nicht dasselbe, wie vorher und sie versuchte mir oft aus dem Weg zu gehen. Ich
bemerkte natürlich, dass etwas nicht normal war und wollte sie zur Rede
stellen. Sie bestätigte mir aber, es sei alles in Ordnung und ich müsse mir
keine Sorgen machen. Dies war nicht möglich und ich sorgte mich mehr und mehr,
schlief kaum noch und hatte eine traurige Zeit. Ich sprach mit vielen Personen
darüber und bekam stets die Antwort, es sei wohl besser, wir würden getrennte
Wege gehen und ich solle die Situation so akzeptieren. Wieder machte ich mir
viele Gedanken. Viel ging mir durch den Kopf und ich schlief noch schlechter.
Neben all meinen Problemen mit Bere, welche mich
beschäftigten, hatte ich aber eine super Zeit mit Andi, welcher mich in Mexico
besuchte. Es tut mir aufrichtig Leid, dass er miterleben musste, wie meine
Beziehung zu Bere schlechter wurde. Dennoch konnte ich ihm alles zeigen, was
ich wollte. Wir besuchten die Pyramiden Teotihuacans, sahen viel von der grossen
Stadt, genossen einige mexicanische Gerichte, erlebten die Hektik in den
Strassen und in der Métro und nicht zuletzt gingen wir viel in den Ausgang.
Entweder alleine oder mit meinen Freunden aus Mexico. Zusätzlich konnten wir
das Spiel Mexico gegen Costa Rica im 105‘000 Personen Kapazität grossen Azteca
Stadion sehen. Nur schon dieses Spiel war legendär. Zusammengerechnet habe ich
rund eine Minute des Spiels mitverfolgt. Die Stimmung in den Zuschauerbänken,
die durchgedrehten Fans und die Atmosphäre im Stadion war viel interessanter.
So hoffe ich, erlebte Andi eine gute Woche und konnte nun seinen Sprachaufenthalt
in San Francisco gut starten.
Die Nacht kam, als ich keine Stunde schlief und wirklich
etwas ändern musste. Ich schrieb Bere, dass es für mich sehr belastend sei und
ich unbedingt mit ihr sprechen musste. Am Tag darauf war es dann soweit, wir
konnten endlich miteinander sprechen. Sie wurde ehrlich. In der Zeit, als ich
in Amerika war, machte sie sich viele Gedanken. Wie sieht ihre Zukunft aus, ist
es wirklich das, was sie möchte und wie können alle Probleme, welche noch
kommen werden, gelöst werden? Die Realität sah so aus. Sie, einige Jahre älter
als ich, eventuell mit dem Wunsch in einigen Jahren zu heiraten und Kinder zu
kriegen. Ein sicherer Job mit einem im Verhältnis gesehen guten Lohn,
Freundinnen, welche immer zu ihr halten und ihre Familie, welche sie unbedingt
braucht. Wie gross der Einfluss ihrer Familie, insbesondere ihres strengen
Vaters war, kann ich nicht sagen, denke aber, dass es auch eine Rolle spielte.
Meine Situation sah so aus. Kein Job hier in Mexico, keine Aussicht auf einen
Job mit genug Lohn, den Wunsch nach Freiheit, stets die Lust mit meinen
Freunden auszugehen, keine Ahnung wie die nahe Zukunft aussieht und vieles
mehr. Es war nicht einfach, all den Sätzen und Erklärungen zu folgen.
Schliesslich war mein Spanisch noch nicht hervorragend. Dennoch bekam ich die
Hauptaussagen mit. Sie erzählte mir, dass man in ihrem Alter eine andere
Vorstellung von der Zukunft hat, man plant mehr als in den jüngeren Jahren. Die
Lust, auszugehen, viel trinken, Party machen, reisen ohne Ziel und das Leben so
geniessen, wie ich es mache, vergehe in den Jahren. Dies kann ich mir kaum
vorstellen, musste aber wohl so sein. Ihre Art sich zu erholen liege darin, ein
entspanntes Konzert zu sehen mit mexicanischer Musik, Spaziergänge, essen gehen
und Gespräche mit der Familie und Freundinnen und Freunden. Unsere Interessen
seien ziemlich verschieden und dies denke sie, werde in der Zukunft nicht gut
gehen.
Ich folgte dem Gespräch und bemerkte, dass ich wohl nicht
mehr lange mit ihr zusammen sein werde. Sie bestätigte mir auch immer wieder,
dass sie mich immer noch sehr gerne hat. Nun kam ein weiterer Punkt. Sie
erklärte mir das Wort „Caballerosidad“. Viele Frauen in Mexico wünschen sich
dies von Männern. Zu einem späteren Zeitpunkt fragte ich einige Männer was sie
dazu hielten. Viele hielten davon nicht viel. Caballerosidad erklärt sich als
übertriebene Ritterlichkeit eines Mannes. Heisst also, ein Gentleman zu sein
genügt nicht. Ich selbst finde, es genügt, wie ich mich als Gentleman gebe. Sie
erkärte mir aber, dass für sie kochen, putzen und sich um sie zu kümmern nicht
genügt. Die Frau soll stets als erste stehen, heisst auf der Strasse läuft sie
vor dem Mann, die Métro, eine Türe oder einen Raum wird immer von der Frau als
erste betreten. Die Autotüre wird vom Mann geöffnet und geschlossen und bei jedem Schritt welcher Mann macht, wird
studiert, wie die Frau mehr verwöhnt werden kann. Für mich ziemlich
übertrieben, sie wünscht sich dies aber. Sie wünschte sich zudem jemanden, der
sie mit seinem Auto abholt, mit ihr ausgeht und sie wieder nach Hause bringt.
Sie wünschte sich, nicht stets um mich zu kümmern und mir alles zu erklären,
wie es abläuft. Entschuldigung, aber dies sind alles Wünsche, welche nicht
erfüllt werden können. Ich bin hier nicht aufgewachsen und kann somit diesen
Wünschen nicht nachgehen. Ich machte mir viele Gedanken darüber.
Am nächsten Tag packte ich meinen Rucksack und suchte
wiederum das Gespräch mit ihr. Ich erklärte, dass es diesen Marc, den sie sich
wünsche, nicht gibt. Man kann eine Person nicht einfach ändern. Ich liebe es
Spass zu haben, ich liebe es lustige Sprüche zu machen und ich liebe es, mein
Leben so zu leben, wie ich es gerne habe. Zusammen sahen wir am Schluss ein,
dass wir zu verschieden sind. Die Interessen, die Vorstellungen der Zukunft,
die verschiedene Art und all diese Punkte machen eine gemeinsame Zukunft
unmöglich. Wir haben uns zwar immer noch sehr gerne und hätten beide lieber, es
würde passen. Dies ist aber nicht möglich. Wir versprachen uns aber, sehr gute
Freunde zu bleiben und stets in Kontakt zu bleiben.
Nun blicke ich auf eine sehr schöne Zeit mit dieser
wundervollen Frau zurück. Wir erlebten viele schöne Tage zusammen und ich werde
wohl immer an diese Zeit zurückdenken. Ich denke, beide haben voneinander
profitiert. Ich spreche inzwischen gut spanisch, dies habe ich ihr zu
verdanken. Noch nie habe ich vorher mit einer Frau zusammen in einer Wohnung
gelebt. Ich denke, auch dies ist etwas, aus welchem ich nur profitieren konnte.
Ich werde sie wohl noch eine Weile vermissen. Vielleicht denken sich viele,
wieso ich wohl alles so Preis gebe. In Zeiten, in welchen man keine Person um
sich hat, welche die gleiche Sprache spricht und man das Erlebte verarbeiten
muss, hilft mir das Schreiben sehr.
Die nächsten Tage werde ich mit der Planung meiner weiteren
Reise verbringen. Das nächste Ziel ist Ende Monat Miami mit Mischi und Huebi.
Ob ich von Canada nach Miami reise, ob ich in Mexico herumreise oder von Mexico
City nach Miami reisen werde weiss ich noch nicht. Zentralamerika werde ich im
Winter bereisen, darum bleibe ich noch in Nordamerika. Auf jeden Fall ist der
alte Marc zurück. Verrückte Geschichten, neue Personen kennenlernen und viele
neue Erlebnisse werden folgen. Ich freue mich sehr auf die Zukunft und werde
reisen, bis mein Geld ausgegangen ist. Ich vermute bis im Frühling kann ich
mich noch durch die Länder Nord- Mittel und Südamerikas schlagen. Grosse weite
Welt, ich komme!
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