Sonntag, 24. Mai 2015

Arschlochtag / Au revoir France, Hola España

Arschlochtag
 
...und es regnete weiter. Immer stärker. Dazu stürmte es. Währenddessen sass ich in meinem Zelt und ass das Indianerfleisch, welches ich in Hasle-Rüegsau von der Familie von Niek erhalten habe. Endlich konnte ich ein wenig Schlaf finden. Jedoch nicht lange. Es tropfte überall und es bildete sich ein kleiner See in meinem Zelt. Nach einer Weile liess der Regen endlich nach. Mit jeder Stunde aber, wurde es kälter. Ich konnte kaum eine Minute schlafen. Gegen Morgen lag ich mit drei Schichten T-Shirts, einem Pullover und einer Jacke in meinem Schlafsack und versuchte immer noch, Schlaf zu finden.

Der nächste Tag war entscheidend für den weiteren Verlauf meiner Reise. Ziemlich übermüdet, wartete ich am nächsten Tag bereits wieder mal zwei Stunden am Strassenrand. Niemand wollte mich mitnehmen. Es regnete immer wieder. Mal stärker, mal schwächer. Da konnte ich mir oft schöneres vorstellen, als im Regen auf eine Mitfahrgelegenheit zu warten. Die Person, welche mich dann endlich mitnahm, fragte mich, ob ich nicht lieber mit dem Zug nach Nancy fahren möchte. Ich erwiderte und Bestand darauf, bei der Autobahneinfahrt weiter zu stoppen. Mein Wille, mein Ziel zu erreichen, war immer noch zu gross. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass es eine schlechte Idee war, meinem Ziel weiter zu folgen. Ein Fehler! Nach zwei Stunden erneutem Wartens im Regen, beschloss ich mich dann, trotzdem mit dem Zug nach Nancy zu fahren. Der Tag hat als Arschlochtag angefangen und so ging es auch weiter. In der eigentlich doch ziemlich grossen Stadt Nancy war wegen des Karfreitags alles auf Sparflamme. Vor allem im öffentlichen Verkehr lief nicht viel. So hatte ich zwei Stunden, bis ich bei der Jugendherberge ankam. Mit Vorfreude auf eine Dusche und ein normales Bett stand ich vor der geschlossenen Jugendherberge. Das konnte jetzt echt nicht sein. Jugendherberge wegen Feiertags geschlossen. Am liebsten hätte ich die Hütte angezündet. Warum um Himmels Willen schliesst man eine Jugendherberge an einem Feiertag? Auf jeden Fall habe ich mit den internationalen Jugendherbergen definitiv abgeschlossen und werde diese, sofern möglich, auch nie mehr besuchen. Nun wollte ich aus dem Arschlochtag noch das beste herausholen und gönnte mir gleich ein Ticket nach Paris.

Auf der Reise quer durch Frankreich war super Wetter. Dies zauberte mir gleich ein Lächeln ins Gesicht. Tag gerettet. Denkste!! Kaum in Paris angekommen, fing es an zu regnen. In strömendem Regen lief ich von Hostel zu Hostel. Überall voll. Das Woodstock Hostel hatte dann aber nach zwei Stunden Suche zum Glück noch ein Zimmer frei.

Es war bereits halb eins, als ich mein erstes Bier geniessen konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren schon alle Hostelbesucher ausgeflogen. Ich beschloss darum, selbst ein bisschen die Strassen von Paris unsicher zu machen. Aus dem Arschlochtag sollte doch endlich noch etwas positives raus kommen. So kam ich bei der ersten Bar an. Die Bar war ziemlich voll. Die Besucher sahen meist aus wie Hipster. Bärte, Schnäuze und Hornbrillen zierten deren Gesichter. Ich bestellte das erste Bier. Irgendwie fand ich noch nicht den Kontakt zu den anderen Barbesuchern. Es gab unter den feiernden jedoch ein richtiges Alphatier, welches den Kontakt mit allen Besuchern zu pflegen mochte. Die Chance nützte ich. Ich spendierte dem Typen den billigsten Shot. Der Typ schätzte dies so, dass er mich sofort allen Personen im Umkreis von drei Metern vorstellte. Trick hat funktioniert. Findest du mal keinen Kontakt, spendierst du einfach dem grössten Alphatier einen Shot und schon kennst du später jede Person. Wir feierten bis die Bar die Tore schloss. Danach machten wir uns etwa zu zehnt auf den Weg an eine Afterparty. Die eine Person, ein rund fünfzig jähriger Sizilianer, auf irgend etwas, war bereits vorher ziemlich komisch drauf. Auf dem Weg an die Afterparty jedoch tickte er plötzlich völlig aus, weil er keine Zigaretten mehr hatte. Er quatschte eine Person auf der Strasse an, ob er ihm eine Zigarette geben könnte. Darauf erwiderte die fremde Person, sie rauche nicht. Dann schlug der Sizilianer seine Faust in sein Gesicht. Mehrere Passanten hielten ihn jedoch fest, so konnte schlimmeres verhindert werden. Danach waren alle ziemlich geschockt und gingen nach Hause. Der Tag startete als Arschlochtag und endete als Arschlochtag, es konnte nur noch besser kommen.

Nach diesem Tag hatte ich definitiv keine Lust mehr auf trampen, Frankreich, Paris, oder sonst etwas. Meine Stimmung war am Boden. Es musste sich was ändern. Das Trampen wollte ich auf keinen Fall fortfahren. Da war mir die Zeit zu Schade, wartend am Strassenrand zu stehen und nebenbei kaum was zu sehen. Frankreich zu bereisen kann sehr schön sein. Vor allem kleinere Städte und Orte sind sehr sehenswert. Ich werde Frankreich auf jeden Fall wieder bereisen. Nächstes Mal aber mit einem ausgebauten Bus oder mit Auto und Zelt. Hostels oder Jugendherbergen würde ich meiden. Das Velo wäre auch ein gutes Fortbewegungsmittel. Dafür müsste man aber viel Zeit einplanen, da Frankreich teilweise auch ziemlich hügelig sein kann. Paris sollte man mit jemandem besuchen, der die Stadt bereits ein wenig kennt, am besten mit Einheimischen.

Au revoir France, Hola España

Wie ging es nun weiter? Ich erinnerte mich an die gute Zeit, die ich letzten Mai in Gran Canaria hatte. Darum rief ich sofort meine Freunde aus Barcelona um Rat. Raul teilte mir sofort mit, dass ich bei ihm schlafen könnte. So war ich wenige Stunden später in Barcelona.

Endlich war ich wieder Happy. Die Arschlochtage waren überwunden. Ich genoss die Zeit mit meinen Freunden in Barcelona sehr. Fast genau ein Jahr ist es nun her, als ich den Kollegenkreis von Helenas Ehemann kennenlernen konnte. Es war interessant zu hören, was sich alles geändert hat und wie sie das letzte Jahr verbracht haben. Die Nachricht, dass ich Barcelona besuchte, verbreitete sich schnell. Am Samstag trafen wir uns alle bei Tapas und Wein in einer Bar. Es war schön zu sehen, wie mich alle gerne wieder sehen wollten.

So verbrachte ich die letzten Tage in Barcelona mit Pinchos (bezahlst einen kleinen Betrag und kriegst dafür ein Glas Wein oder Bier und ein Tapa), Tapas (mit Aperohäppchen am besten zu beschreiben), Wein, Bier, Sagrada Familia, von Aussichtspunkten die Stadt bestaunen, mehr Tapas, Strand, Meer, hübsche Spanierinnen betrachten (es blieb beim betrachten), die Freundlichkeit der Spanier, Unabhängigkeit der Katalanen von Spanien und neuen Erkenntnissen. In Barcelona und immer öfters in anderen Städten in Spanien wurde Cannabis legalisiert. Es ist nun legal, zu Hause Cannabis zu rauchen. Auch auf der Strasse, am Strand oder sonst wo wird das Rauchen von Cannabis geduldet. Einzig der Handel mit Cannabis ist noch strafbar. Dafür gibt es neu wie in Amsterdam sogenannte Coffeeshops, wo man das Cannabis beziehen kann. In Barcelona muss man aber Member sein, was sehr einfach ist. Damit will man den illegalen Handel und die Kriminalität, welche sich daraus ergibt, unterbinden. Man hat hier gemerkt, dass Cannabis fester Bestandteil unter allen Bevölkerungsschichten geworden ist und will als Beispiel vorangehen. Spätestens in einer Generation wird die Legalisierung vermutlich überall in Europa Einzug nehmen.

Barcelona gehört für mich zu den Städten, mit der grössten Lebensqualität, welche ich bis jetzt besucht habe. Die Jobsituation ist der einzige Nachteil. Es gibt viele Menschen ohne Job, vor allem Jugendliche. Barcelona bietet sonst aber alles und die Bevölkerung ist sehr offen. Nun bin ich auf dem Weg nach Valencia. Nächste Zwischenstation vor Andalusien, wo ich dann vorhabe, länger zu bleiben. 






 

Montag, 18. Mai 2015

Choucroutte / Am 24.5.1984 hab ich sie gebumst...

Choucroutte
Ich erinnere mich gerne an die Anfänge meiner spanisch Kenntnisse zurück. Genau etwa drei Jahre sind es nun her, als ich in einem Restaurant in Mexico City auf spanisch ein Steak mit Salat bestellt habe, aber Reis mit Bananenstücken serviert bekam. Etwas ähnliches ist mir nun in Colmar, Frankreich, passiert. Heute wäre ich mir selber dankbar, hätte ich meiner damaligen Französischlehrerin, Frau Koch, ein bisschen mehr zugehört. Colmar befindet sich in der Mitte des Elsasses und ist ein schönes, idyllisches Städtchen. Ich hatte Hunger, grossen Hunger, trampen gibt nun einfach mal grossen Hunger. Gerne wollte ich eine Spezialität von Colmar probieren. Auf einer Anzeigetafel neben einem Restaurant sah ich geschrieben „Choucrouche de 5 viandes“. Geil, viande verstehe ich, das heisst Fleisch. Da ich Fleisch über alles liebe, und dazu noch fünf, musste ich das einfach nehmen. Das Wort Choucrouche liess ich mal links liegen. Mit grossem Hunger und voller Vorfreude auf die fünf Fleischstücke war ich dann aber doch ziemlich verdutzt, als der Kellner mir einem Teller Sauerkraut, fünf Stück Speck und einer Kartoffel serviert auftauchte. Das habe ich mir dabei ganz und gar nicht vorgestellt. Fein war es trotzdem!

Am 24.5.1984 hab ich sie gebumst...

Von Turckheim bis Munster nahm mich eine ganz spezielle Person mit. Ich musste mir stets das Lachen verkneifen. Er hatte den Jahrgang neunzehnhunderteinundsechzig, war klein mit Glatze und sprach den typischen Elsässer Dialekt. Klingt ein wenig wie als würde ein Deutscher Walliserdeutsch lernen. Zum Beispiel „Guten Appetit“ heisst „En Güeta“. Der Mann sprach wie aus der Pistole geschossen. Zuerst über das erneute Erdbeben in Nepal und dann davon, dass wir Menschen selbst an solchen Katastrophen Schuld seien. Wür würden die Erde sehr schlecht behandeln und nur von ihr konsumieren. Dann sprach er von dem Reisen. Wir Europäer können froh darüber sein, dass wir die Möglichkeit haben, zu reisen. Die Mehrheit der Menschheit sei nur damit beschäftigt, Nahrung zu beschaffen, um zu überleben. Bei uns spiele die Nahrungsbeschaffung nur eine winzige Rolle im Leben. Später begann er über sein Schicksal zu sprechen. Vierundzwanzigster Mai, neunzehnhundertvierundachzig, habe er gebumst. Es sei eine hübsche junge Dame gewesen . Ich zitiere hier seine Wortwahl ganz genau. Eine wunderschöne Dame, er könne sich noch genau erinnern. Gebumst habe er sie, wie noch keine andere Frau zuvor. Dann sei es passiert. Während dem bumsen sei ihm plötzlich eine Blutbahn im Kopf geplatzt, was eine sofortige Ohnmächtigkeit hervor rief. Er musste Notfallmässig ins Spital und konnte operiert werden, so, dass er heute ohne bleibende Schäden leben kann. Ich solle mir das mal vorstellen, er habe gebumst, und plötzlich das. Der Mann habe in seinem späteren Leben weitere solche Schicksale erlebt, sei oft am Tod vorbei geritten und habe sich oft gefragt, wieso die Zeit für ihn wieder und wieder nicht kam, um vom Leben Abschied zu nehmen. Ich vermute, er hatte noch eine Aufgabe, nämlich mich von Turckheim nach Munster mitzunehmen. Wäre dies nicht geschehen, wäre ich wohl auch nicht mit den drei jungen Leuten mitgefahren, welche sich kurzum entschieden haben, mich an den Lac de Gerardmer zu fahren. Immerhin mussten sie den langen Weg über den „Col de la Schlucht“ machen, was ziemlich lange dauerte. Sie haben die Chance genützt und mich an dem wunderschönen See, umgeben von Hügeln und Bergen, auf einige Biere einzuladen. So verbrachten wir den Mittwoch Nachmittag an diesem See.

In Colmar habe ich mir ein Zelt und eine Schlafmatte organisiert, um das ganze trampen noch etwas abenteuerlicher zu machen. Ich werde nun im Verlauf meiner Reise durch Frankreich die „auberge de jeunesse“ oder besser bekannt unter „internationale Jugendherbergen“ so gut wie möglich meiden. Der Staff ist meist ziemlich unhöflich. In Colmar musste ich feststellen, dass es eine Schliesszeit gibt zwischen zehn und fünf Uhr tagsüber. Das heisst, die Jugendherberge ist während dieser Zeit geschlossen, es gibt keine Möglichkeit den Rucksack zu deponieren und es gibt auch kein Check-In während dieser Zeit. Zudem habe ich weder in Mulhouse, noch in Colmar junge Reisende kennengelernt. Die Herbergen sind voll mit Schulreisen, Leute, die keine sonstige Bleibe haben und Arbeitssuchende. Das ist nicht das Bild der Internationalen Jugendherbergen, welches ich vorher hatte. Gut, in Mexico und Zentralamerika haben wir diese auch stets gemieden, sofern andere vorhanden waren. Dort war der Grund mehr, dass es zu viele Regeln gab.

Ich kann noch kein grundsätzliches Fazit über das Reisen in Frankreich machen. Da bin ich noch zu wenig lange unterwegs. Das trampen ist etwa wie in der Schweiz. Nicht viele Autofahrer nehmen Tramper mit. Jene, welche Tramper mitnehmen, sind aber stets freundlich und super nett. Allgemein sind die Franzosen sehr hilfsbereit und zuvorkommend. Die nächsten Tage werde ich in die Provinz Lothringen kommen, mal schauen, wie es da weitergeht.

Nun startet die erste Nacht im Zelt. Es regnet, gewittert und windet in strömen. Meine Zeltaufbaukünste können zudem auch verbessert werden. Essen zu organisieren ist mir leider untergegangen. Das heisst „ohni Znacht ist Bett“. Dann, auf eine gute und sichere Nacht...









Dienstag, 12. Mai 2015

Die Reise beginnt / Autostopp Baar-Bern

Die Reise beginnt

Bevor ich mich auf die grosse Reise begab, besuchte ich Philipp in München. Wir haben zusammen im Iglu-Dorf gearbeitet. Kurz vor meiner Abreise war München ein gutes Reise-Warm-Up. Philipp, seine Freundin Sophia und ihre Mitbewohner Simon und Chrissy haben mich sehr gut bei ihnen aufgenommen. Ich danke noch einmal herzlich für die tolle Gastfreundschaft. Am ersten Mai fand das Wannda Circus Openair in München statt. Als Freund von guter elektronischer Tanzmusik war das natürlich ein muss. Trotz strömendem Regen und dem grossen See rund um das Zirkuszelt war die Stimmung fantastisch. Bereits am Nachmittag war die Stimmung auf dem Höhepunkt und die Menge feierte und tanzte als gäbe es kein Morgen mehr. Ich werde das Wannda bestimmt wieder besuchen, das ist klar! München selbst hat mir sehr gefallen. Der Lebensstandard ist wahnsinnig hoch und die Menschen sehr freundlich. Ich sage dazu gerne, auf ein frohes Wiedersehen...

Autostopp Baar-Bern

Um halb eins Nachmittags, Donnerstag vergangene Woche begab ich mich auf das grosse Abenteuer. Immer und immer wieder überlegte ich mir, ob ich nicht besser den Zug nach Bern nehmen sollte, wie es mir meine Freunde und Familie geraten haben. Doch meine unersättliche Lust nach Abenteuer liess mich nicht im Stich und ich streckte meinen rechten Daumen das erste Mal gegen Strasse. Das erste Auto in Sichtweite. Konnte ich denn wirklich so viel Glück haben? Es hat tatsächlich am Strassenrand angehalten. Eine Frau um die sechzig fragte mich, wohin ich gerne möchte. „Richtung Bern, Paris, französische Küste möchte ich, aber es reicht, wenn sie mich einfach ein Stück mitnehmen könnten“, antwortete ich ihr. Sie lachte und nahm mich ins nächste Dorf, nach Steinhausen mit. Bei strahlendem Sonnenschein streckte ich also meinen Daumen wieder gegen Strasse. Diesmal wartete ich aber bereits eine halbe Stunde auf die nächste Mitfahrgelegenheit. Ich zwängte mich samt Rucksack in einen kleinen Zweiplätzer. Wieder erzählte ich von meinen Plänen. Der Typ meinte, ich spinne. Dennoch hatte er viel Respekt vor meinem Vorhaben. Gerne hätte er auch mal den Mut gehabt, so etwas zu unternehmen. Doch er sei langsam dreissig Jahre alt und könne das nicht mehr machen. Die Fahrt endete in Buchrain. Dort hatte ich überhaupt kein Glück. Darum lief ich eine halbe Stunde nach Inwil. Auch dort wartete ich wieder eine Ewigkeit.

Es scheint, als wäre die Mehrheit der Schweizer nicht sehr offen gegenüber Trampern. Kaum jemand nimmt Menschen mit ausgestrecktem Daumen mit. Ich denke, dies liegt an dem grundlegenden Gedanken des perfekten Bünzlis. Man hat hier eine Arbeit, ein Auto und gönnt sich zwischendurch mal gute All-Inclusiv Ferien irgendwo in Italien, Spanien, Türkei oder wo auch immer. Aber trampen, mal den Daumen rausstrecken und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen, gilt als verpönt. So kommt es mir manchmal vor. Junge, kauf dir ein Auto, such dir eine Arbeit wie jeder andere. Genau solche Gedanken kann man in den Gesichtern der vorbeifahrenden Autofahrer rauslesen.

Endlich nahm mich jemand mit. Diesmal bis Rain. Auch wieder nur ein zwei Dörfer weiter. Immerhin. Auch er sei Reisender, erzählte er mir. Im August werde er innerhalb von fünf Wochen um die Welt reisen...Ich wünschte ihm eine gute Reise und streckte meinen Daumen wieder raus. Diesmal hielt ein VW T5 Bus. Er sei bereits zwölf Mal in Biarritz und Umgebung surfen gegangen. Zuerst alleine oder mit Freunden, dann mit seiner heutigen Ehefrau. Nun möchte er wieder gehen. Inzwischen habe er aber ein kleines Töchterchen. Darum habe er sich auch einen VW Bus gekauft. Sie brauchen nun Platz für eine Person mehr. Schöne Geschichte. Er fuhr mich bis Sempach. Von dort bis Sursee durfte ich auf dem Sitz neben einer etwas älteren Dame Platz nehmen. Tramper mitzunehmen sei für sie ein Muss. Vierzig Jahre sei es her, als sie ihre erste Reise gestartet habe. Seither habe sie die halbe Welt gesehen, habe in Indien und Afrika gelebt und freue sich noch heute auf neue Abenteuer. Gerne hätte ich ein Treffen mit dem dreissig Jährigen und dieser Dame organisiert, welcher fand, mit dreissig sei er zu alt um sich auf ein solches Abenteuer zu begeben.

Von Sursee gings weiter mit einem Audi S5. Gewaltige Horsepower verschoben mich dabei von Sursee nach Gunzgen. Der junge Mann liess sich von meinen vergangenen Reisen sehr inspirieren und möchte gerne bei seiner nächsten Reise anstatt All-Inclusiv gerne mal in Mexico herumreisen. Er liess mich bei der Autoraststätte Gunzgen Nord raus. Dort gab ich meinen ersten Franken aus um zu pinkeln. Diesen konnte ich gleichzeitig gegen einen Mohrenkopf eintauschen, wie lieb von denen. Auf dieser Raststätte waren die Aussichten auf eine Mitfahrgelegenheit wieder kleiner. Kaum Autos, welche die Raststätte besucht haben. Ich begann die Leute direkt zu fragen, musste ich doch um viertel nach sechs in Bern sein. Dort habe ich mit André abgemacht. Mit ihm habe ich den Kindergarten, Primar- und Oberstufe und die Berufsschule besucht. Er reist auch sehr gerne. Gerade eben kam er von einer langen Reise in Südostasien zurück. Leider habe ich ihm vergessen mitzuteilen, dass ich trampe. So war er ein bisschen überrascht, als ich ihm mitteilte, dass es vielleicht etwas später werden konnte. Rettung nahte. Ein Geschäftsmann aus Genf nahm mich mit. Eigentlich wollte er direkt nach Genf fahren, nahm sich aber die Mühe und fuhr mich bei Feierabendverkehr in die Stadt Bern. Um halb sieben bin ich dann nach sechs Stunden in Bern an. Ich habs geschafft. Geil! Danach genoss ich zuerst nur mit André, später noch mit seiner Mitbewohnerin Steffi, ebenfalls Reise- und Abenteuerlustig, den wunderschönen Abend auf dem Balkon des Länggass Quartiers in Bern mit Wein und Hummus. Grosses Dankeschön den beiden...

Die nächsten Tage verbrachte ich mit meinem Ex-Mitbewohner Niek. Ich durfte eine wahnsinnige Gastfreundschaft von Nieks Familie erfahren. Niek hat eine echt tolle Familie. Wir hatten eine super Zeit zusammen in Hasle-Rüegsau. Am Samstag trafen Niek und ich uns mit unserer Pflästerli-Crew aus Gstaad in Bern und feierten bis in den Morgen.

Nun bin ich per Anhalter in Mulhouse, Frankreich, gelandet. Geplant war das nicht. Aber mein Vorsatz beim Reisen ist immer, dass man besser keine Pläne macht. Es kommt sowieso immer anders. Auf der Reise von Hasle-Rüegsau nach Mulhouse nahm mich Achmed aus Deutschland mit. Er war so begeistert von meiner völlig ungeplanten Reise, oder sagen wir besser, eher etwas besorgt, dass er mir gleich einige seiner Karten aus Frankreich und Spanien mitgab. Später lernte ich Dora aus Polen, wohnhaft in Zürich, kennen. Sie ist Doktorandin und trampt fürs Leben gerne. Eigentlich wollte sie nur ihre Schwester am Flughafen in Basel abholen, fuhr mich dann aber noch bis Mulhouse.

Die Reise geht nun weiter...auf neue Abenteuer!!