Iglu Dorf Gstaad
Ich wohne nun
seit Ende November 2014 in Saanenmöser bei Gstaad. Hier mache ich eine
Wintersaison in dem Iglu Dorf Gstaad als Guide, Barman und Hausmeister. Sehr
lange, genau genommen den ganzen Dezember, waren die Wetterbedingungen zu
schlecht, um ein Iglu zu bauen, geschweige denn ein ganzes Iglu Dorf! Um mit
dem Bau des Iglu Dorfes zu beginnen, benötigten wir einige Tage
Minustemperaturen und Schnee. Im Dezember 2014 war das aber genau das
Gegenteil. Zuerst gab es gar keinen Niederschlag. Später kam der Niederschlag
aufgrund der hohen Temperaturen in Form von Regen, was sehr ungewohnt für die
ganze Region Saanenland war. Die Prognosen sahen lange sehr schlecht aus, um
mit dem Bau zu beginnen. Die ganze Hotellerie, die Bergbahnen und der Tourismus
litten unter diesen Bedingungen.
Doch dann
endlich kamen die kalten Temperaturen, gefolgt von ein wenig Schnee, Betonung
auf ein wenig. Der Schnee fiel nur zögerlich vom Himmel. Es reichte dennoch,
ein Iglu nach dem andern zu bauen. Normalerweise wird das ganze Iglu Dorf in
einem Monat fertig gestellt. Aufgrund des grossen Zeitdrucks, musste das Iglu
Dorf dieses Jahr aber so schnell wie möglich gebaut werden. Wir arbeiteten
darum Tag und Nacht. Teilweise übernachteten wir auf dem Berg, um morgens um
sechs mit dem Bau weiterzufahren. Muskelkater und Müdigkeit war das Resultat
des vielen Arbeitens. Dennoch war es ein unbeschreibbares Erlebnis, bei dem Bau
des Iglu Dorfes mitzuwirken.
Rückblick 2014
Das Jahr 2014
ging langsam zu Ende, die Sylvesternacht stand vor der Tür. Zeit für einen
Rückblick auf das vergangene Jahr. Viel geschah während dem Jahr 2014 in dieser
Welt. Naturkatastrophen, Kriege, Krankheiten und Revolutionen liessen die Welt
erzittern. Klar, all diese Tragödien bewegen uns auf irgendwelche Art. Mich
persönlich treffen solche Tragödien immer dann am meisten, wenn ich selbst
Angehörige in den betroffenen Ländern habe oder schon selbst dort war. Im April
2014 besuchte ich meinen Freund Yoav in Tel Aviv, Israel. Der Konflikt zwischen
Israel und Palästina dauert nun seit vielen Jahren an. Mein Besuch in Israel im
April 2014 war kurz vor dem Aufflammen neuer Spannungen. Kurz darauf wurde der
Jahre andauernde Krieg erneut entflammt und es mussten wieder viele Menschen sterben.
Die Strassen, in welchen ich im April noch unbekümmert mit einem Bier in der
Hand an die Streetparty Purim lief, waren nun plötzlich leer und man musste im
Juni 2014 mit ständigen Beschüssen der Hamas rechnen. Das israelische Militär
antwortete mit schlimmen Vergeltungen. Die Angst in Israel war plötzlich wieder
Allgegenwärtig. Im September 2014 besuchte ich meinen Freund René in Mexico an
seiner Hochzeit und genoss sehr schöne Tage am Strand. Kurz darauf machte das
Verschwinden von dreiundvierzig Studenten Schlagzeile. Dies bewegte die
Menschen, auf die Strassen zu gehen, im Kampf gegen Korruption und Gewalt im
eigenen Land, Mexico.
Für mich
persönlich war das Jahr 2014 das erste Jahr nach meiner langen Reise, in dem
ich mich nebst meinen Kurztrips ausschliesslich in der Schweiz aufhielt. Es war
ein Jahr der Vorbereitung. Ein Jahr der Entscheidungen. Ein Jahr von Hochs und
Tiefs. Ein Jahr der Geduld. Ich habe gearbeitet und gespart. Gespart für das,
was danach kommen sollte. Es forderte Geduld. Geduld von meiner Seite und von
Seiten meiner Freunde, Freundinnen und
Familie. Oft musste ich mir anhören „Ruck, reuts di?“, „Ruck wenn
chaufsch der öpe en Charre?“, „Marc, wottsch ned wedermol en neui Jagge chaufe?
Diä esch hässlech…“ – Ein Jahr später hatte ich noch immer kein Auto, habe
dafür aber sehr viel Geld gespart. Die Jacke jedoch ist weg, gestohlen,
verloren gegangen, keiner weiss es, Opfer einer ausgiebigen Partynacht, solls
geben, war ja aus Sicht aussenstehender Personen sowiso hässlich.
Bereits
während meiner langen Reise in Nord- und Zentralamerika war mir nicht klar, ob
ich mit einem normalen Leben als Kaufmann überhaupt klarkommen konnte. Ich
versuchte es dennoch. Eineinhalb Jahre habe ich es ausgehalten, meinen
erlernten Beruf als Kaufmann zu bewältigen. Geduld war gefragt. Ich arbeitete
ohne Tageslicht, die Luft war schlecht, ein typisches Grossraumbüro. Statt
zusammen an einem Strick zu reissen um miteinander zu arbeiten, arbeitete man
gegeneinander. Es gab diese Grüppchen. Es wurde herumgesprochen, was man nur
konnte. Ich musste feststellen, dass man mich bereits kannte, bevor ich
überhaupt angefangen habe, zu arbeiten. Facebook und social Media macht dies
heute möglich. Einige Mitarbeiter wurden als Kommunikationsmittel zu den Chefs
ausgenützt oder gebraucht. Bereits bei meiner letzten Arbeitsstelle lief es
genau so ab. So war es nichts neues für mich. Doch irgendwann hatte ich genug von
dem heimlichen Verbreiten von Gerüchten, der ständigen Überwachung durch Leute,
die dann zur Chefin gingen, um zu erzählen, ich sei zu oft im Internet, dem
ständigen Druck von oben, dem schlechten Arbeitsklima und, und, und…. Darauf
hin habe ich gekündigt. Nun habe ich es wirklich satt, meinen erlernten Beruf
weiterhin auszuüben und muss wohl neue spannende Herausforderungen suchen.
Viele Personen können es wohl kaum verstehen, einen gut bezahlten Job
hinzuschmeissen um eine neue Herausforderung zu finden. Ich musste zuerst
selbst damit klarkommen. Ich befand mich in einem Tief und flüchtete mich in
den Sport, was nicht allzu schlecht war. Fast jeden Tag konnte ich durch Sport
wieder die Realität und meine Träume sehen und wusste, es wird wieder besser
kommen.
Nun wohne ich
seit geraumer Zeit in den Bergen in einem alten Holzchalet. Die automatische
Abwaschmaschine gegen den Handabwasch getauscht, kein Internet, kein TV, kein
eigenes Bad und kein eigenes WC. Doch ich bin sehr zufrieden damit und habe
einen guten neuen Mitbewohner und sogleich Freund gefunden. Er kommt vom
Emmental und bestreitet dieses Jahr seine dritte Wintersaison. Über meine
zweite Mitbewohnerin will ich dabei kein Wort verlieren. Mein Mitbewohner und
ich haben bei einigen Dingen unsere Differenzen mit ihr. Leider musste ich
solche Differenzen bereits bei der letzten WG miterleben. So ist es halt, wenn
man mit Menschen zusammen wohnt, die man vorher nicht kannte. Es kann eine sehr
gute Erfahrung sein, aber man kann auch genau das Gegenteil davon erfahren. Ich
finde es selbstverständlich, dass jeder dem anderen beim Abwasch und Haushalt
hilft und teilweise auch eine gemeinsame Haushaltkasse führt. Lustige und auch
ausgefallene Abende sollten dazu gehören. Menschen, die das nicht verstehen,
sollten sich von WG’s fernhalten. Punkt.
Ein Tag im Iglu Dorf
In meinem
letzten Blogeintrag beschrieb ich den tristen Tagesablauf, den ich in den
letzten eineinhalb Jahren hatte. Nun komme ich zu meinem neuen Tagesablauf. Der
Leser oder die Leserin darf sich dann Gedanken machen, was wohl mehr Spass
macht. An einem normalen Arbeitstag an der Bar im Iglu wache ich um sechs Uhr
fünfundvierzig auf, mache mir einen Kaffee, frühstücke, ziehe meine Skikleidung
an und begebe mich zu Fuss auf meinen nicht ganz ungefährlichen Arbeitsweg der
Hauptstrasse entlang. Nach zehn Minuten komme ich bei der Bergstation an. Es
ist immer noch halb dunkel. Ich begebe mich in die Gondel und geniesse das
tolle Bergpanorama, den Sonnenaufgang und die tolle Aussicht aufs Nebelmeer.
Voraussetzung ist natürlich gutes Wetter. Sonst geniesse ich den Schneefall in
vollen Zügen und freue mich auf den Pulverschnee. Oben angekommen steige ich
auf meine Skis und fahre Richtung Iglu Dorf. Dort bereite ich die Bar auf den
kommenden Tag vor. Meist geniesse ich dabei mit guter Mucke, also
elektronischer Musik, das Bergpanorama. Schon bald folgen die ersten Gäste, die
ich bewirten darf. Den ganzen Tag arbeite ich dann an der Bar, die Sonne
scheint mir ins Gesicht und atme die frische Bergluft ein. Abends, wenn die
Sonne langsam unter geht, bediene ich noch die letzten Gäste und geniesse den
schönsten Sonnenuntergang, welcher man sich vorstellen kann. Unbeschreiblich.
Dann, wenn die letzten Gäste den Heimweg antreten, verräume ich die Bar, mache
den Tagesabschluss, kontaktiere den Pistenbully und fahre Nachts mit den Skis
den Berg runter. Kein Mensch mehr auf der Piste. Unten angekommen gibt es noch
einen Abschlussglühwein in der Après Ski Bar. Der Arbeitstag ist zu Ende. Es
gibt wohl keinen schöneren Arbeitsplatz, als in den Bergen.
Neben der
Arbeit, welche sehr viel Platz im letzten Monat eingenommen hat, habe ich viele
Menschen kennengelernt. Dabei habe ich auch ein Mädchen aus Perú kennengelernt,
welche hier in der Umgebung in einem Hotel ein Praktikum gemacht hat. Sie
besuchte mich oft. Wir genossen die Zeit, welche wir zusammen hatten, in vollen
Zügen. Doch leider kam der Tag, an dem sie wieder zurück in ihre Heimat musste.
Der Abschied war nicht einfach. Doch ich erlebte für einmal das Gegenteil,
welches ich beim Reisen oft mitmachen musste. Man lernt jemanden kennen, hat
eine super Zeit, doch der Tag des Abschieds naht dennoch. So bleiben meist nur
noch die Erinnerungen an die super Zeit, die man zusammen hatte. So ist das
abwechslungsreiche, interessante Leben, wenn man es so gewählt hat, wie zum
Beispiel ich. Es ist darum immer wichtig, den Augenblick zu geniessen und dann
halt damit zu leben, dass der Augenblick wieder vorbei ist und wieder neue
Erlebnisse folgen werden. Würde ich mein Leben nicht so leben, hätte ich heute
immer noch einen Job, der mir nicht gefällt, keine neuen Erlebnisse überall auf
der Welt gemacht und wäre nicht so glücklich, wie ich das heute bin. Darum
empfehle ich jeder Person, welche nicht glücklich mit seiner Situation ist,
etwas dagegen zu tun und sein Leben in eine völlig andere Richtung zu steuern.
Hier in den
Bergen vom Saanenland werde ich bis April 2015 wohnen. Danach werde ich mich
auf die nächste grosse Reise begeben, sofern diese nicht bereits mit meiner
Entscheidung während des Jahres 2014 und meinem Entscheid, in den Bergen zu
arbeiten, begonnen hat.
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