Choucroutte
Ich
erinnere mich gerne an die Anfänge meiner spanisch Kenntnisse
zurück. Genau etwa drei Jahre sind es nun her, als ich in einem
Restaurant in Mexico City auf spanisch ein Steak mit Salat bestellt
habe, aber Reis mit Bananenstücken serviert bekam. Etwas ähnliches ist mir nun in Colmar, Frankreich, passiert. Heute wäre ich
mir selber dankbar, hätte ich meiner damaligen Französischlehrerin,
Frau Koch, ein bisschen mehr zugehört. Colmar befindet sich in der Mitte des Elsasses und
ist ein schönes, idyllisches Städtchen. Ich hatte Hunger, grossen
Hunger, trampen gibt nun einfach mal grossen Hunger. Gerne wollte ich
eine Spezialität von Colmar probieren. Auf einer Anzeigetafel neben
einem Restaurant sah ich geschrieben „Choucrouche de 5 viandes“.
Geil, viande verstehe ich, das heisst Fleisch. Da ich Fleisch über
alles liebe, und dazu noch fünf, musste ich das einfach nehmen. Das
Wort Choucrouche liess ich mal links liegen. Mit grossem Hunger und
voller Vorfreude auf die fünf Fleischstücke war ich dann aber doch
ziemlich verdutzt, als der Kellner mir einem Teller Sauerkraut, fünf
Stück Speck und einer Kartoffel serviert auftauchte. Das habe ich
mir dabei ganz und gar nicht vorgestellt. Fein war es trotzdem!
Am 24.5.1984 hab ich sie gebumst...
Von
Turckheim bis Munster nahm mich eine ganz spezielle Person mit. Ich
musste mir stets das Lachen verkneifen. Er hatte den Jahrgang
neunzehnhunderteinundsechzig, war klein mit Glatze und sprach den
typischen Elsässer Dialekt. Klingt ein wenig wie als würde ein
Deutscher Walliserdeutsch lernen. Zum Beispiel „Guten Appetit“
heisst „En Güeta“. Der Mann sprach wie aus der Pistole
geschossen. Zuerst über das erneute Erdbeben in Nepal und dann
davon, dass wir Menschen selbst an solchen Katastrophen Schuld seien.
Wür würden die Erde sehr schlecht behandeln und nur von ihr
konsumieren. Dann sprach er von dem Reisen. Wir Europäer können
froh darüber sein, dass wir die Möglichkeit haben, zu reisen. Die
Mehrheit der Menschheit sei nur damit beschäftigt, Nahrung zu
beschaffen, um zu überleben. Bei uns spiele die Nahrungsbeschaffung
nur eine winzige Rolle im Leben. Später begann er über sein
Schicksal zu sprechen. Vierundzwanzigster Mai,
neunzehnhundertvierundachzig, habe er gebumst. Es sei eine hübsche
junge Dame gewesen . Ich zitiere hier seine Wortwahl ganz genau. Eine
wunderschöne Dame, er könne sich noch genau erinnern. Gebumst habe
er sie, wie noch keine andere Frau zuvor. Dann sei es passiert.
Während dem bumsen sei ihm plötzlich eine Blutbahn im Kopf
geplatzt, was eine sofortige Ohnmächtigkeit hervor rief. Er musste
Notfallmässig ins Spital und konnte operiert werden, so, dass er
heute ohne bleibende Schäden leben kann. Ich solle mir das mal
vorstellen, er habe gebumst, und plötzlich das. Der Mann habe in
seinem späteren Leben weitere solche Schicksale erlebt, sei oft am
Tod vorbei geritten und habe sich oft gefragt, wieso die Zeit für
ihn wieder und wieder nicht kam, um vom Leben Abschied zu nehmen. Ich
vermute, er hatte noch eine Aufgabe, nämlich mich von Turckheim nach
Munster mitzunehmen. Wäre dies nicht geschehen, wäre ich wohl auch
nicht mit den drei jungen Leuten mitgefahren, welche sich kurzum
entschieden haben, mich an den Lac de Gerardmer zu fahren. Immerhin
mussten sie den langen Weg über den „Col de la Schlucht“ machen,
was ziemlich lange dauerte. Sie haben die Chance genützt und mich an
dem wunderschönen See, umgeben von Hügeln und Bergen, auf einige
Biere einzuladen. So verbrachten wir den Mittwoch Nachmittag an
diesem See.
In
Colmar habe ich mir ein Zelt und eine Schlafmatte organisiert, um das
ganze trampen noch etwas abenteuerlicher zu machen. Ich werde nun im
Verlauf meiner Reise durch Frankreich die „auberge de jeunesse“
oder besser bekannt unter „internationale Jugendherbergen“ so gut
wie möglich meiden. Der Staff ist meist ziemlich unhöflich. In
Colmar musste ich feststellen, dass es eine Schliesszeit gibt
zwischen zehn und fünf Uhr tagsüber. Das heisst, die Jugendherberge
ist während dieser Zeit geschlossen, es gibt keine Möglichkeit den
Rucksack zu deponieren und es gibt auch kein Check-In während dieser
Zeit. Zudem habe ich weder in Mulhouse, noch in Colmar junge Reisende
kennengelernt. Die Herbergen sind voll mit Schulreisen, Leute, die
keine sonstige Bleibe haben und Arbeitssuchende. Das ist nicht das
Bild der Internationalen Jugendherbergen, welches ich vorher hatte.
Gut, in Mexico und Zentralamerika haben wir diese auch stets
gemieden, sofern andere vorhanden waren. Dort war der Grund mehr,
dass es zu viele Regeln gab.
Ich kann
noch kein grundsätzliches Fazit über das Reisen in Frankreich
machen. Da bin ich noch zu wenig lange unterwegs. Das trampen ist
etwa wie in der Schweiz. Nicht viele Autofahrer nehmen Tramper mit.
Jene, welche Tramper mitnehmen, sind aber stets freundlich und super
nett. Allgemein sind die Franzosen sehr hilfsbereit und zuvorkommend.
Die nächsten Tage werde ich in die Provinz Lothringen kommen, mal
schauen, wie es da weitergeht.
Nun
startet die erste Nacht im Zelt. Es regnet, gewittert und windet in
strömen. Meine Zeltaufbaukünste können zudem auch verbessert
werden. Essen zu organisieren ist mir leider untergegangen. Das
heisst „ohni Znacht ist Bett“. Dann, auf eine gute und sichere
Nacht...
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