Montag, 18. Mai 2015

Choucroutte / Am 24.5.1984 hab ich sie gebumst...

Choucroutte
Ich erinnere mich gerne an die Anfänge meiner spanisch Kenntnisse zurück. Genau etwa drei Jahre sind es nun her, als ich in einem Restaurant in Mexico City auf spanisch ein Steak mit Salat bestellt habe, aber Reis mit Bananenstücken serviert bekam. Etwas ähnliches ist mir nun in Colmar, Frankreich, passiert. Heute wäre ich mir selber dankbar, hätte ich meiner damaligen Französischlehrerin, Frau Koch, ein bisschen mehr zugehört. Colmar befindet sich in der Mitte des Elsasses und ist ein schönes, idyllisches Städtchen. Ich hatte Hunger, grossen Hunger, trampen gibt nun einfach mal grossen Hunger. Gerne wollte ich eine Spezialität von Colmar probieren. Auf einer Anzeigetafel neben einem Restaurant sah ich geschrieben „Choucrouche de 5 viandes“. Geil, viande verstehe ich, das heisst Fleisch. Da ich Fleisch über alles liebe, und dazu noch fünf, musste ich das einfach nehmen. Das Wort Choucrouche liess ich mal links liegen. Mit grossem Hunger und voller Vorfreude auf die fünf Fleischstücke war ich dann aber doch ziemlich verdutzt, als der Kellner mir einem Teller Sauerkraut, fünf Stück Speck und einer Kartoffel serviert auftauchte. Das habe ich mir dabei ganz und gar nicht vorgestellt. Fein war es trotzdem!

Am 24.5.1984 hab ich sie gebumst...

Von Turckheim bis Munster nahm mich eine ganz spezielle Person mit. Ich musste mir stets das Lachen verkneifen. Er hatte den Jahrgang neunzehnhunderteinundsechzig, war klein mit Glatze und sprach den typischen Elsässer Dialekt. Klingt ein wenig wie als würde ein Deutscher Walliserdeutsch lernen. Zum Beispiel „Guten Appetit“ heisst „En Güeta“. Der Mann sprach wie aus der Pistole geschossen. Zuerst über das erneute Erdbeben in Nepal und dann davon, dass wir Menschen selbst an solchen Katastrophen Schuld seien. Wür würden die Erde sehr schlecht behandeln und nur von ihr konsumieren. Dann sprach er von dem Reisen. Wir Europäer können froh darüber sein, dass wir die Möglichkeit haben, zu reisen. Die Mehrheit der Menschheit sei nur damit beschäftigt, Nahrung zu beschaffen, um zu überleben. Bei uns spiele die Nahrungsbeschaffung nur eine winzige Rolle im Leben. Später begann er über sein Schicksal zu sprechen. Vierundzwanzigster Mai, neunzehnhundertvierundachzig, habe er gebumst. Es sei eine hübsche junge Dame gewesen . Ich zitiere hier seine Wortwahl ganz genau. Eine wunderschöne Dame, er könne sich noch genau erinnern. Gebumst habe er sie, wie noch keine andere Frau zuvor. Dann sei es passiert. Während dem bumsen sei ihm plötzlich eine Blutbahn im Kopf geplatzt, was eine sofortige Ohnmächtigkeit hervor rief. Er musste Notfallmässig ins Spital und konnte operiert werden, so, dass er heute ohne bleibende Schäden leben kann. Ich solle mir das mal vorstellen, er habe gebumst, und plötzlich das. Der Mann habe in seinem späteren Leben weitere solche Schicksale erlebt, sei oft am Tod vorbei geritten und habe sich oft gefragt, wieso die Zeit für ihn wieder und wieder nicht kam, um vom Leben Abschied zu nehmen. Ich vermute, er hatte noch eine Aufgabe, nämlich mich von Turckheim nach Munster mitzunehmen. Wäre dies nicht geschehen, wäre ich wohl auch nicht mit den drei jungen Leuten mitgefahren, welche sich kurzum entschieden haben, mich an den Lac de Gerardmer zu fahren. Immerhin mussten sie den langen Weg über den „Col de la Schlucht“ machen, was ziemlich lange dauerte. Sie haben die Chance genützt und mich an dem wunderschönen See, umgeben von Hügeln und Bergen, auf einige Biere einzuladen. So verbrachten wir den Mittwoch Nachmittag an diesem See.

In Colmar habe ich mir ein Zelt und eine Schlafmatte organisiert, um das ganze trampen noch etwas abenteuerlicher zu machen. Ich werde nun im Verlauf meiner Reise durch Frankreich die „auberge de jeunesse“ oder besser bekannt unter „internationale Jugendherbergen“ so gut wie möglich meiden. Der Staff ist meist ziemlich unhöflich. In Colmar musste ich feststellen, dass es eine Schliesszeit gibt zwischen zehn und fünf Uhr tagsüber. Das heisst, die Jugendherberge ist während dieser Zeit geschlossen, es gibt keine Möglichkeit den Rucksack zu deponieren und es gibt auch kein Check-In während dieser Zeit. Zudem habe ich weder in Mulhouse, noch in Colmar junge Reisende kennengelernt. Die Herbergen sind voll mit Schulreisen, Leute, die keine sonstige Bleibe haben und Arbeitssuchende. Das ist nicht das Bild der Internationalen Jugendherbergen, welches ich vorher hatte. Gut, in Mexico und Zentralamerika haben wir diese auch stets gemieden, sofern andere vorhanden waren. Dort war der Grund mehr, dass es zu viele Regeln gab.

Ich kann noch kein grundsätzliches Fazit über das Reisen in Frankreich machen. Da bin ich noch zu wenig lange unterwegs. Das trampen ist etwa wie in der Schweiz. Nicht viele Autofahrer nehmen Tramper mit. Jene, welche Tramper mitnehmen, sind aber stets freundlich und super nett. Allgemein sind die Franzosen sehr hilfsbereit und zuvorkommend. Die nächsten Tage werde ich in die Provinz Lothringen kommen, mal schauen, wie es da weitergeht.

Nun startet die erste Nacht im Zelt. Es regnet, gewittert und windet in strömen. Meine Zeltaufbaukünste können zudem auch verbessert werden. Essen zu organisieren ist mir leider untergegangen. Das heisst „ohni Znacht ist Bett“. Dann, auf eine gute und sichere Nacht...









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